• August 2024
  • FVM News

Immobilienfonds: Sicheres Betongold fürs Depot?

In Immobilien investieren, regelmäßig von Mieteinnahmen profitieren ohne Verwaltungsaufwand per Fonds: Das klingt nach der perfekten Anlageform für vorsichtige: Ganz so einfach ist die Sache aber nicht.

Kolumne von FVM-Geschäftsführer Claus Walter

Es war schon ein kleines Erdbeben als der offene Immobilienfonds Unilmmo Wohnen ZBI innerhalb eines Tages im Juni um knapp 17 Prozent abwertete. Denn von manchen Bankberatern werden solche Produkte gerne als sichere Anlageform angepriesen, da sind zweistellige Tagesverluste zu Recht ein Schock. Insgesamt sieht der Markt offene Immobilienfonds gerade eher skeptisch, viele Flaggschiffe der Bankentöchter notieren an der Börse unter ihrem Nettoinventarwert (NAV). Das bedeutet: Käufer denken derzeit, die in den Fonds enthaltenen Immobilien seien weniger wert als die Summe der von Gutachtern regelmäßig ermittelten Preise. Es geht die Sorge um, dass immer mehr Fondsbesitzer ihre Anteile zurückgeben und es zu einer Situation wie in der Finanzkrise 2008 kommen könnte, in der so mancher Anbieter sein Produkt abwickeln musste. Woran liegt es, dass offene Immobilienfonds jetzt schon wieder unter Druck geraten? 

Die Quadratur des Kreises 
Einer der Hauptgründe für die jetzigen Situation am Immobilienmarkt ist das gestiegene Zinsniveau im Zuge der Inflationsbekämpfung der Zentralbanken. Es ist für Käufer einfach schwieriger, eine Immobilie so zu finanzieren, dass mit den erzielbaren Mieten ordentliche Renditen zu realisieren sind. Gleichzeitig haben die Mieter aufgrund der gestiegenen Preise in fast allen Lebensbereichen kaum Spielraum, Mieterhöhungen zu tragen. Insgesamt ist die Nachfrage am Immobilienmarkt schwächer, und das drückt aufs Preisniveau. Allerdings trifft das in der Regel nur auf einen Teil der Objekte in einem Fonds zu, da nicht alle auf Kredit erworben werden und es zum Beispiel gerade bei Gewerbeimmobilien oft indexierte Mietverträge gibt, die automatisch an die Inflation angepasst werden. Deshalb sind nicht alle Anbieter gleichermaßen betroffen. 
Trotzdem sollten sich Anleger eines bewusst machen: Im Prinzip versucht ein offener Immobilienfonds die Quadratur des Kreises: Eine illiquide Anlageform soll für Anleger liquide handelbar sein. Das grundsätzliche Problem dabei ist folgendes: Wenn viele Anteilsbesitzer gleichzeitig ihr Geld wieder zurückbekommen wollen, müssen Immobilien unter Druck verkauft werden. Man braucht kein Makler zu sein, um zu wissen, dass Zeitdruck nicht vorteilhaft für die Preisgestaltung ist. Um dieses Problem zu entschärfen, wurden nach der Finanzkrise Mindesthalte- und Kündigungsfristen bei offenen Immobilienfonds eingeführt. Wer seine Anteile zurückgeben will, muss grundsätzlich zwölf Monate auf sein Geld warten, was den Anbietern Zeit gibt zu reagieren. Das schützt zwar ein Stück weit davor, das offene Immobilienfonds wie in Folge der Finanzkrise geschlossen werden müssen, verhindert aber letztlich keine Abwertungen. 

Konstruktionsfehler erkennen
Das zeigt der Fall des UniImmo Wohnen ZBI, denn hier führte eine Neubewertung von externen Gutachtern zum Wertverlust. Im Endeffekt mussten die, weil offenbar viele Rückgaben erwartet wurden, den Immobilienbestand unter Berücksichtigung des tatsächlich erzielbaren Verkaufspreises neu einschätzen. Ohne hier zu sehr ins Detail zu gehen, aber normalerweise spielen bei der Bewertung eher die künftig erzielbaren Erträge eine Rolle und weniger der aktuelle Marktwert, der aber bei erwarteten Verkäufen verstärkt berücksichtigt werden muss. Die Folge war eine Abwertung um 17 Prozent. Aber warum hatte das gerade bei diesem Fonds so deutliche Auswirkungen? Wer sich die Mühe macht und einen genaueren Blick in den Immobilienbestand wirft, kann davon eigentlich nicht wirklich überrascht sein. Denn obwohl hier grundsätzlich schon in verschiedene Standorte investiert wird, fällt eine Konzentration in eher mittelmäßigen Lagen in Nordrheinwestfalen auf, bei einer Vermietungsquote von 93 Prozent. Und mal ganz ehrlich: Wer würde sich privat ein Mietshaus irgendwo in NRW kaufen, in dem fast jede zehnte Wohnung leer steht? Und letztlich zählt auch bei einem Fonds die alte Regel: Es kommt auf drei Dinge bei einer Immobilie an – Lage, Lage, Lage.

Alternativen abwägen
Offene Immobilienfonds können eine sinnvolle Ergänzung in einer breit diversifizierten Anlagestruktur sein und es gibt gut zusammengestellte Produkte. Diese Anlageklasse „egal um welchen Preis“ abzustoßen, muss nicht sinnvoll sein. Am Ende kommt es darauf an, dass ein wirklich attraktiver Bestand mit guten Rentabilitätsaussichten vorhanden ist. Anleger eines offenen Immobilienfonds sollten sich des Risikos eines grundsätzlich eher illiquiden Investments bewusst sein. Die Lage am Immobilienmarkt ist momentan eher schwierig, aber Top-Lagen – zum Beispiel in so manchem Stadtteil unserer Heimat Freiburg – können ein wertvoller Bestandteil einer strategischen Vermögensallokation sein. Ein veralteter Wohnblock irgendwo am Rand von Duisburg nicht unbedingt. Für uns sind offene Immobilienfonds auf jeden Fall keine gute alleinige Anlageform für sicherheitsorientierte Anleger. Wie empfehlen ein gut gemischtes Portfolio, das neben Aktien auch festverzinsliche Wertpapiere und Edelmetalle enthält. Wir als Vermögensverwalter achten darauf, dass hier stets eine gute Balance zwischen Renditechance, Risiko und Liquidität gehalten wird. Die Stärken und Schwächen verschiedener Anlageformen zu kennen und sie in ein gutes Verhältnis zu bringen, ist unserer Erfahrung nach ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei einer langfristig orientierten Kapitalanlage.

 

Die PDF wurde uns vom regionalen Wirtschaftsmagazin netzwerk südbaden zur Verfügung gestellt: netzwerk südbaden